LITERARISCHE ÜBERSETZUNG ALS FORM VON KREATIVITÄT UND AUSDRUCK

Literarische Übersetzungen können als eine Art der Übersetzung betrachtet werden, die sich stark von denjenigen unterscheidet, die tagtäglich zu jedem Zeitpunkt auf der ganzen Welt in den Bereichen Recht, Ingenieurswesen, Medizin, IT usw. übersetzt werden. Während diese Texte größtenteils funktional sind, gelten literarische Texte generell als eine Form der Kreativität und des Ausdrucks, weshalb die Übersetzungsansätze bei diesen Texten sehr unterschiedlich sind.

In diesem Eintrag werden wir nicht nur über die sprachlichen Herausforderungen der literarischen Übersetzung sprechen, sondern auch über die kulturellen Aspekte, die in diesem Prozess von Natur aus betrachtet werden müssen. Wir werden Sie dazu bewegen, sich über ethische Fragen im Hinblick auf das Eigentum einer Übersetzung Gedanken zu machen, und das kulturelle Ungleichgewicht der Literaturübersetzungenund die damit einhergehenden Probleme behandeln.

Sprachliche Herausforderungen

Jeder von uns weiß, dass sich der Sprachstil in der Literatur sehr unterscheiden kann, da die Sprache an sich frei verwendet wird, ohne auf Beschränkungen oder Konventionen von zum Beispiel einem Vertrag, einer Bedienungsanleitung oder einem Krankenbericht achten zu müssen. Dies beeinflusst die Herangehensweise des Übersetzers, der versucht, den Originaltext und die Absichten des Autors nachzubilden und möglichst „treu“ zu bleiben. Der Übersetzer ist sich darüber im Klaren, dass der Autor monatelang, teilweise sogar jahrelang, seine Wörter ausgesucht hat, um mit ihnen ein ganz bestimmtes Bild zu erschaffen oder ein bestimmtes Gefühl im Leser zu erwecken.

Aber wir müssen nicht nur die Stimme des Autors beachten, sondern auch die Stimme des Übersetzers. Wird diese in irgendeiner Weise anerkannt und, wenn ja, wie? Wir müssen hier berücksichtigen, inwiefern eine Übersetzung als Eigentum des Übersetzers gelten kann. Übersetzungen können als nicht authentisch angesehen werden, da sie das Original nachahmen, im Gegensatz zum ursprünglichen Text, der ein einzigartiges, ausdrucksvolles Produkt des Originalautors darstellt. Wer ist Ihrer Meinung nach der vorrangige Eigentümer der Übersetzung? Inwiefern glauben Sie, dass die Übersetzung ebenfalls dem Autor gehört?

Dies kann auch von einem rechtlichen und wirtschaftlichen Standpunkt aus betrachtet werden. Literarische Übersetzer berechnen in der Regel einen bestimmten Preis pro Wort oder pro 1000 Wörter, dies hängt von ihrer Sprachkombination und ihrem Land ab. Ihnen werden außerdem generell keine Gebühren für ein veröffentlichtes Werk gezahlt und es gibt hier viele Argumente für oder gegen diese Praxis. Glauben Sie, dass den Literaturübersetzern Gebühren für ihre Arbeit gezahlt werden sollten?

Sprachen können auch unterschiedlich interpretiert werden. Die Übersetzung wird daher immer wieder zum Gegenstand von Konflikten und Anfechtungen, da man die Interpretation des Originaltexts durch den Übersetzer potentiell immer anfechten kann; sie ist schließlich subjektiv. Die Literatur kann auch sprachliche Merkmale enthalten, die in der Übersetzung Schwierigkeiten bereiten. Darunter befinden sich zum Beispiel: Mehrdeutigkeiten, Ironie, Metaphern, Namen und Jargon.

So enthält die Buchserie Harry Potter viele erfundene Wörter, Reime, Anagramme und Akronyme, die dem Übersetzer viel Kreativität abverlangen. Hierbei wurde ein große Vielfalt von Strategien angewendet, wobei nicht alle immer akzeptiert wurden.

So wurde zum Beispiel die Schule „Hogwarts“ in der französischen Version zu „Poudlard“ und „Hufflepuff“ und „Ravenclaw“ in der russischen Version zu „Puffendui“ und „Kogtevran“. Die Übersetzer anderer Sprachen entschieden sich jedoch gegen eine Übersetzung der erfundenen Namen.

Kulturelle Herausforderungen

Literarische Werke können sich mit vielen verschiedenen Themen befassen: Politik, Gesellschaft, Geschichte, usw. Diese Themen können dabei äußerst spezifisch für eine bestimmte Kultur sein und enthalten somit höchstwahrscheinlich Konzepte, die dem Leser unbekannt sind oder denen er sich nicht bewusst ist.

Eines der wichtigsten und interessantesten Konzepte, das für das akademische Studium der Übersetzung grundlegend ist, ist das der Domestizierung und der Verfremdung. Diese Begriffe wurden von Lawrence Venuti geprägt und stellen Ansätze für die Übersetzung von kulturellen Konzepten, insbesondere in der Literatur, dar. Auf der einen Seite wird bei der Verfremdung ein Konzept einer anderen Kultur in der Zielsprache beibehalten, womit die Fremdheit des Texts betont wird. Auf der anderen Seite dagegen wird mit der Domestizierung ein fremdes Konzept durch ein bekannteres oder entsprechendes Konzept der Zielkultur ersetzt, womit dem Leser die Herkunft des Originaltexts vorenthalten wird.

Als Beispiel dient hier das spanische Konzept „puente“ (Brücke), mit dem Feiertage bezeichnet werden, die auf einen Donnerstag und Freitag oder auf einen Montag und Dienstag fallen. In einer Übersetzung ins Deutsche fänden wir eine einfache Lösung mit dem Begriff „Brückentag“, der sogar die ursprüngliche Bedeutung des Worts „puente“ widerspiegelt. Im Englischen jedoch muss dies etwas abgeändert werden und in der Regel findet der Begriff „bank holiday“ Anwendung. Auch wenn dies normalerweise nur einen Montag impliziert, wird vom Leser verstanden, dass es sich um mehrere Tage handelt.

Bei der Domestizierung handelt es sich um einen Ansatz, der insbesondere in Literaturübersetzungen von Werken anderer Minderheitenkulturen in die dominante angloamerikanische Kultur angewendet wird. Nach Ansicht vieler Kritiker unterdrückt dieser Ansatz die Originalsprache und -kultur und sogar Venuti sprach bereits davon, dass er „ethnozentrische Gewalt“ verstanden werden kann. Welchen Ansatz würden Sie bevorzugen, wenn Sie eine Übersetzung lesen?

Literaturübersetzungen weltweit

Venuti führt uns nicht nur in die Ethik und die Verantwortung ein, die das Wie einer Übersetzung ausmachen, sondern legt auch ebenso viel Wert auf das, was übersetzt wird. Dies liegt an der bedeutenden Rolle, die die Übersetzung aus einer fremden Kultur für die Entwicklung einer eigenen kulturellen Identität hat. Daher kann sie möglicherweise einen Anteil an ethnischer Diskrimination, kulturellen Aneignungen, geopolitischen Konflikten, Kolonialismus, etc. haben.

Dies bedeutet, dass das, was nicht übersetzt wird, ebenso bedeutsam und einflussreich ist wie das, was doch übersetzt wird, da es zur genannten Repräsentation einer fremden Kultur für eine andere beiträgt. Es kann beobachtet werden, dass dominante Kulturen weniger Wert auf Übersetzungen legen und weniger Übersetzungen veröffentlichen als Kulturen, die als nicht-dominant erachtet werden. Gleichzeitig werden diese Kulturen wortwörtlich von Übersetzungen aus dieser dominanten Kultur überschwemmt.

Die Dominanz von englischen Übersetzungen wird nach einer kurzen Suche im Index Translationum der UNESCO deutlich. Diese Webseite umfasst mehr als 2 Millionen Einträge in allen Disziplinen.

  • Die Ergebnisse für Übersetzungen aus dem Englischen:

1279527 Einträge in der Datenbank Index Translationum

  • Die Ergebnisse für Übersetzungen aus dem Französischen:

 231008 Einträge in der Datenbank Index Translationum

  • Die Ergebnisse für Übersetzungen aus dem Spanischen:

 55322 Einträge in der Datenbank Index Translationum

  • Die Ergebnisse für Übersetzungen aus dem Estnischen:

5531 Einträge in der Datenbank Index Translationum

  •  Die Ergebnisse für Übersetzungen aus dem Bengalischen:

2404 Einträge in der Datenbank Index Translationum

Außerdem muss die Zuständigkeit für die Veröffentlichung von übersetzten Texten auch aus kommerzieller Sicht betrachtet werden, da Verlage nicht nur Texte, die sie veröffentlichen möchten, auswählen oder ablehnen, sondern auch an der Bearbeitung des finalen Texts teilnehmen. Dabei verfügen sie oft nicht über die notwendigen Kenntnisse der Originalsprache oder bearbeiten den Text, ohne das Original zu beachten.

Abschließend möchten wir festhalten, dass die Literaturübersetzung ein faszinierendes und manchmal sogar kontroverses Thema ist. Schreiben Sie uns einen Kommentar oder einen Tweet mit Ihrer Meinung zu diesem Post oder zu anderen interessanten Aspekten der Literaturübersetzung!

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